Inkassounternehmen versuchen derzeit erneut, Mieter zu ihrem fragwürdigen Geschäftsmodell zu verleiten. So wird behauptet, dass sich der Mieter nach der durch das Bundesverfassungsgericht erfolgten Nichtigerklärung des MietenWoG Bln (Mietendeckel) angeblich vor hohen Nachzahlungen schützen kann. Ausreichend dafür soll ein qualifiziertes Rügeschreiben gegenüber dem Vermieter sein.
Die Rüge solle demnach noch vor einer vermieterseitigen Nachforderung von Beträgen, die während des Mietendeckels nicht gezahlt worden sind, ausgesprochen werden.
Entgegen solchen Behauptungen kommt es für einen etwaigen Rückforderungsanspruch nicht darauf an, ob der Mieter eine Rüge vor einer Mietendeckel-Nachforderung des Vermieters erteilt hat oder nicht. Maßgebend ist die Rechtslage des § 556g Absatz 2 BGB.
Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses ist entscheidend
Vielmehr kommt es für die Geltendmachung etwaiger Ansprüche nach den Regelungen zur Mietpreisbremse maßgebend auf den Zeitpunkt an, zu dem der Wohnraummietvertrag abgeschlossen worden ist. Danach richten sich sowohl vom Mieter zu erfüllende Anforderungen und der Umfang eines etwaigen Rückforderungsanspruchs des Mieters.
Mietverträge vor dem 01.06.2015
Ist der Mietvertrag vor dem 1. Juni 2015 (Inkrafttreten der Mietpreisbremse in Berlin) abgeschlossen worden, gilt die Mietpreisbremse nicht, sodass Rückforderungsansprüche nach den §§ 556d ff BGB nicht begründet sein können.
Mietverträge zwischen dem 01.06.2015 und dem 01.01.2019
Ist ein Mietvertrag nach dem 1. Juni 2015 aber vor dem 1. Januar 2019 abgeschlossen worden, muss der Mieter gegenüber dem Vermieter eine qualifizierte Rüge in Textform erteilen. Nur dann kann der Mieter Zahlungen einer möglicherweise überhöhten beziehungsweise unzulässig hohen Miete vom Vermieter zurückfordern. Ein solcher Anspruch bezieht sich aber nur auf Mietzahlungen, die nach der Rüge fällig geworden sind. Mietzahlungen, die vor der Rüge fällig waren, können nicht zurückgefordert werden.
Mietverträge zwischen dem 01.01.2019 und dem 01.04.2020
Ist ein Mietvertrag ab dem 1. Januar 2019 und vor dem 1. April 2020 abgeschlossen worden, muss der Mieter gegenüber dem Vermieter eine einfache Rüge in Textform erteilen. Nur dann kann der Mieter Zahlungen einer etwaig überhöhten Miete vom Vermieter zurückfordern. Auch hier gilt, dass sich ein solcher Anspruch ausschließlich auf Mietzahlungen bezieht, die nach der Rüge fällig geworden sind. Mietzahlungen vor der Rüge können nicht zurückgefordert werden.
Mietverträge ab dem 01.04.2020
Ist ein Mietvertrag ab dem 1. April 2020 abgeschlossen worden, muss der Mieter gegenüber dem Vermieter eine einfache Rüge in Textform erteilen. Dann kann der Mieter sowohl Mietzahlungen, die nach der Rüge als auch solche, die vor der Rüge geleistet worden sind, zurückfordern, sofern sie zu hoch waren. Voraussetzung hierfür ist aber, dass die Rüge spätestens 30 Monate nach Beginn des Mietverhältnisses beim Vermieter eingeht und das Mietverhältnis noch nicht beendet ist.
Ist das Mietverhältnis beendet, ohne dass eine zu hohe Miete gerügt worden war, bestehen keine Ansprüche nach den Regelungen der Mietpreisbremse.
Dauert das Mieterverhältnis an, ist es aber schon länger als 30 Monate in Kraft, können nur Mietzahlungen zurückgefordert werden, die nach einer vom Mieter zu erteilenden Rüge fällig werden – nicht solche, die vor der Rüge fällig waren.
Zuverlässige Beratung empfehlenswert
Bei Erhalt einer Rüge durch den Mieter sollte zunächst geprüft werden, ob überhaupt eine überhöhte beziehungsweise unzulässig hohe Miete tatsächlich vorliegt. Ebenso ist zu prüfen, ob die formalen Voraussetzungen für eine Mietrückforderung gegeben sind.
Bei Erhalt eines Rügeschreibens eines Mieters sollte daher nicht vorschnell kommuniziert oder gar gehandelt werden. Anzuraten ist vielmehr eine zuverlässige Rechtsberatung.